Veröffentlicht am März 11, 2024

Die E-Zigarette ist keine „gesunde“ Option, aber die Frage nach ihrer Schädlichkeit ist irreführend. Entscheidend ist die wissenschaftlich belegte, massive Reduzierung des Risikos im Vergleich zur Tabakzigarette.

  • Durch das Verdampfen statt Verbrennen entfallen die gefährlichsten Giftstoffe wie Teer und Kohlenmonoxid fast vollständig.
  • Die größten Gefahren entstehen nicht durch regulierte Produkte, sondern durch falsche Anwendung und illegale Schwarzmarkt-Liquids.

Empfehlung: Für Raucher in Deutschland, die den Ausstieg anders nicht schaffen, stellt die E-Zigarette im bestehenden Regelungskontext eine wissenschaftlich fundierte Strategie zur Schadensminderung dar.

Die Debatte um die E-Zigarette ist von Extremen geprägt. Für die einen ist sie ein Teufelszeug, das eine neue Generation von Nikotinsüchtigen heranzieht. Für die anderen ist sie der rettende Anker, um endlich von der tödlichen Tabakzigarette loszukommen. Als skeptischer Raucher oder besorgter Angehöriger steht man zwischen diesen Fronten und sucht verzweifelt nach einer ehrlichen Antwort: Ist das Dampfen nun eine vernünftige Alternative oder nur ein weiteres Gesundheitsrisiko im modernen Gewand?

Die üblichen Antworten sind oft unbefriedigend. Aussagen wie „weniger schädlich, aber nicht harmlos“ sind zwar korrekt, helfen aber bei der persönlichen Risikobewertung kaum weiter. Es fehlt eine differenzierte Betrachtung, die das Risiko nicht pauschalisiert, sondern seine einzelnen Komponenten analysiert: die Chemie, die Anwendung, die Langzeitperspektive und die Rolle für die öffentliche Gesundheit. Genau hier setzt dieser Faktencheck an. Statt Meinungen zu wiederholen, zerlegen wir das Thema in seine Fakten, basierend auf dem aktuellen wissenschaftlichen Konsens und der regulatorischen Realität in Deutschland.

Doch anstatt die E-Zigarette isoliert zu bewerten, stellen wir sie konsequent ihrem direkten Konkurrenten gegenüber: der Tabakzigarette. Denn für einen Raucher ist die relevante Frage nicht, ob Dampfen völlig ohne Risiko ist, sondern um wie viel das Risiko im Vergleich zum Weiterrauchen sinkt. Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Unterschiede, beleuchtet die wissenschaftliche Studienlage, warnt vor realen Gefahren und ordnet die E-Zigarette in das Konzept der Schadensminderung ein, um Ihnen eine fundierte, persönliche Entscheidungsgrundlage zu liefern.

Für alle, die eine visuelle Zusammenfassung bevorzugen, erklärt das folgende Video anschaulich die Auswirkungen des Rauchens und Dampfens auf die Lunge und ergänzt die detaillierten Analysen dieses Artikels.

Um Ihnen eine klare Übersicht über diesen detaillierten Faktencheck zu geben, folgt eine Gliederung der zentralen Themen, die wir Punkt für Punkt analysieren werden. Jede Sektion baut auf der vorherigen auf, um ein vollständiges Bild des Risiko-Portfolios der E-Zigarette zu zeichnen.

Der direkte Vergleich: Diese Giftstoffe stecken in einer Tabakzigarette vs. einer E-Zigarette

Um die Risiken objektiv zu bewerten, müssen wir bei der Chemie anfangen. Eine Tabakzigarette ist eine kleine Chemiefabrik, die durch Verbrennung bei über 800 °C Tausende von Substanzen freisetzt. Viele davon sind hochgiftig und krebserregend. Der Dampf einer E-Zigarette entsteht hingegen bei deutlich niedrigeren Temperaturen (ca. 150-250 °C) und enthält eine wesentlich überschaubarere Anzahl an Inhaltsstoffen, primär Propylenglykol (PG), pflanzliches Glyzerin (VG), Aromen und optional Nikotin.

Der entscheidende Unterschied liegt im Fehlen der Verbrennungsprodukte. Die gefährlichsten Stoffe im Tabakrauch – Teer und Kohlenmonoxid – sind im E-Zigaretten-Aerosol schlicht nicht vorhanden. Auch die Konzentration anderer toxischer und krebserregender Substanzen wie Formaldehyd oder Acetaldehyd ist drastisch reduziert. Eine vielbeachtete Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass die Schadstoffbelastung im Dampf um ein Vielfaches geringer ist als im Rauch. Das bedeutet nicht Null-Risiko, aber eine fundamental andere Ausgangslage für den Körper.

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zusammen und zeigt, warum die Diskussion über „gesünder“ immer im Kontext des Vergleichs zum Rauchen gesehen werden muss. Wie eine aktuelle Analyse von Gesundheitsinformation.de zeigt, ist die Reduktion der Hauptschadstoffe erheblich.

Vergleich der Hauptschadstoffe
Schadstoff Tabakzigarette E-Zigarette
Teer 10-23 mg 0 mg
Kohlenmonoxid 10-23 mg 0 mg
Formaldehyd Hoch Sehr gering
Krebserregende Stoffe >70 Arten Deutlich reduziert
Nikotin 0,8 mg 0-20 mg/ml

Dieser chemische „Steckbrief“ bildet die Grundlage für die Risikobewertung. Die Abwesenheit der primären Krankheitsverursacher aus dem Tabakrauch ist der Kern des Arguments für die Schadensminderung.

Verbrennung vs. Verdampfung: Der entscheidende chemische Unterschied für Ihre Gesundheit

Der Grund für die drastisch unterschiedlichen Schadstoffprofile liegt in einem einfachen, aber fundamentalen physikalischen Prozess: Verbrennung ist nicht Verdampfung. Wenn Tabak bei hohen Temperaturen verbrennt, werden chemische Verbindungen zerstört und Tausende neue, oft toxische Substanzen gebildet. Dieser Prozess, bekannt als Pyrolyse, ist für den Großteil der Schädlichkeit des Rauchens verantwortlich. Es entsteht ein komplexes Gemisch aus festen Partikeln (Teer) und Gasen (wie Kohlenmonoxid), das die Lunge und das Herz-Kreislauf-System massiv schädigt.

Eine E-Zigarette hingegen erhitzt eine Flüssigkeit (das Liquid) nur so weit, bis sie verdampft und ein Aerosol bildet. Es ist vergleichbar mit dem Kochen von Wasser: Die Substanz ändert ihren Aggregatzustand von flüssig zu gasförmig, aber ihre chemische Grundstruktur bleibt weitgehend erhalten. Es findet keine unkontrollierte Zersetzung statt. Zwar können auch bei der Verdampfung geringe Mengen an unerwünschten Aldehyden entstehen, insbesondere bei sehr hohen Leistungen oder falscher Anwendung („Dry Hit“), doch ihre Konzentration ist nicht mit der im Tabakrauch vergleichbar.

Makroaufnahme des chemischen Unterschieds zwischen Verbrennung und Verdampfung

Diese visuelle Gegenüberstellung verdeutlicht den Prozess: Auf der einen Seite ein aggressiver, zerstörerischer Prozess, der eine schädliche Asche hinterlässt; auf der anderen Seite ein sanfterer Phasenübergang. Diese Unterscheidung ist keine Spitzfindigkeit, sondern der wissenschaftliche Kern der Schadensminderung. Aus diesem Grund bestätigt auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in seiner Risikobewertung die Faktenlage. In einer Stellungnahme heißt es dazu unmissverständlich:

Die Schadstoffbelastung durch E-Zigaretten ist bei üblichen Nutzungsbedingungen deutlich geringer als beim Rauchen

– Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), DKFZ Risikobewertung 2023

Letztlich ist es dieser chemische Unterschied, der es Gesundheitsexperten ermöglicht, von einer signifikanten Risikoreduktion zu sprechen, selbst wenn ein Restrisiko verbleibt.

Was wir nach 15 Jahren Dampfen wissen: Eine ehrliche Diskussion über mögliche Langzeitrisiken

Die häufigste und berechtigtste Sorge betrifft die Langzeitfolgen. Da die E-Zigarette ein relativ neues Produkt ist, fehlen naturgemäß Studien, die den Konsum über 30 oder 40 Jahre beobachten. Dieser Umstand wird oft als Hauptargument gegen das Dampfen ins Feld geführt. Doch „keine Langzeitdaten“ bedeutet nicht „keine Daten“. In den letzten 15 Jahren hat sich ein Evidenz-Mosaik aus Laborstudien, klinischen Untersuchungen und epidemiologischen Daten gebildet, das erste Tendenzen aufzeigt.

Kurz- und mittelfristige Studien zeigen konsistent, dass Umsteiger vom Rauchen auf das Dampfen deutliche gesundheitliche Verbesserungen erfahren. Entzündungsmarker im Blut sinken, die Lungenfunktion verbessert sich und der Blutdruck normalisiert sich oft. Eine wichtige Frage ist jedoch, ob das Dampfen selbst neue, eigene Risiken birgt. Hierbei stehen vor allem die Trägersubstanzen PG/VG und die Aromastoffe im Fokus. Während diese in der Lebensmittelindustrie als sicher gelten, ist ihre Inhalation über Jahre ein anderes Thema. Einige Studien deuten auf mögliche Reizungen der Atemwege oder eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen hin, doch die klinische Relevanz dieser Befunde ist noch unklar.

Fallbeispiel: 3,5-Jahre Langzeitstudie der Universität Catania

Eine der längsten prospektiven Studien unter der Leitung von Prof. Dr. Riccardo Polosa, einem renommierten Pneumologen, begleitete eine Gruppe von Dampfern, die nie zuvor geraucht hatten, über einen Zeitraum von 3,5 Jahren. Die Forscher führten regelmäßige Untersuchungen der Lungenfunktion, CT-Scans der Lunge und Messungen von Herz-Kreislauf-Parametern durch. Das Ergebnis, das in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ publiziert wurde, war bemerkenswert: Selbst bei Intensivnutzern konnten keine Anzeichen für beginnende Lungenschäden, wie sie bei Rauchern typisch sind (z.B. ein Lungenemphysem), festgestellt werden. Auch Blutdruck und Herzfrequenz zeigten keine negativen Veränderungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Nicht-Nutzern.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Risiken des Dampfens, wenn überhaupt, in einer völlig anderen, weitaus geringeren Größenordnung liegen als die des Rauchens. Dennoch ist Vorsicht geboten, und die Forschung muss weitergehen, zumal in Deutschland laut der aktuellen DEBRA-Studie bereits 2,2% der Bevölkerung E-Zigaretten nutzen, was die Dringlichkeit weiterer Forschung unterstreicht.

Die aktuelle Datenlage erlaubt keine endgültige Entwarnung, aber sie stützt die Annahme einer massiven Risikoreduktion und widerlegt apokalyptische Szenarien, die das Dampfen auf eine Stufe mit dem Rauchen stellen.

Wenn Dampfen gefährlich wird: Die Risiken durch falsche Anwendung und Schwarzmarkt-Produkte

Ein Großteil der negativen Schlagzeilen über E-Zigaretten resultiert nicht aus den Risiken des bestimmungsgemäßen Gebrauchs regulierter Produkte, sondern aus Anwendungsfehlern und dem Konsum illegaler Substanzen. Der dramatischste Fall war die sogenannte EVALI-Krise (E-cigarette, or Vaping, product use-associated lung injury) in den USA 2019, die zu schweren Lungenschäden und Todesfällen führte. Die Ursache war jedoch schnell identifiziert: Es handelte sich um illegal auf dem Schwarzmarkt erworbene THC-Liquids, die mit Vitamin-E-Acetat, einer öligen Substanz, gestreckt waren. Die Inhalation von Ölen ist extrem gefährlich und führt zu schweren chemischen Lungenentzündungen. In regulären, in Deutschland legal verkauften Nikotin-Liquids haben Öle nichts zu suchen.

Die EVALI-Krise, die laut US-Behörden bis 2020 zu 68 Todesfällen führte, unterstreicht die immense Bedeutung der Produktregulierung und des Kaufs bei vertrauenswürdigen Quellen. In Deutschland und der EU gibt es strenge regulatorische Leitplanken, die solche Risiken minimieren sollen. Dazu gehören die Nikotinobergrenze von 20 mg/ml, die maximale Gebindegröße von 10 ml für nikotinhaltige Liquids und eine Meldepflicht für alle Inhaltsstoffe bei den Behörden. Die seit Juli 2022 verpflichtende Steuerbanderole ist ein weiteres Sicherheitsmerkmal, das legale von illegalen Produkten unterscheidbar macht.

Für Nutzer bedeutet das: Die größte Gefahr geht nicht vom Gerät selbst aus, sondern davon, was man hineinfüllt und wo man es kauft. Wer sich an zertifizierte Fachhändler hält und keine Experimente mit selbstgemischten oder ölhaltigen Substanzen macht, reduziert sein persönliches Risiko erheblich.

Ihr Sicherheits-Check für das Dampfen in Deutschland

  1. Kaufquelle prüfen: Erwerben Sie Geräte und Liquids ausschließlich im zertifizierten Fachhandel, erkennbar an der deutschen Steuerbanderole.
  2. Nikotinstärke beachten: Produkte mit einer Nikotinkonzentration über 20 mg/ml sind in der EU illegal und ein klares Warnsignal für ein Schwarzmarkt-Produkt.
  3. Flaschengröße kontrollieren: Nikotinhaltige Nachfüllflaschen dürfen nicht mehr als 10 ml Inhalt haben. Größere Gebinde sind ein Zeichen für non-konforme Ware.
  4. Inhaltsstoffe meiden: Verdampfen Sie niemals ölhaltige Substanzen wie CBD-Öle oder Vitamin-E-Acetat. Diese sind ausschließlich für die orale Aufnahme gedacht.
  5. Akkusicherheit gewährleisten: Behandeln Sie die Akkus gemäß den Herstellerangaben und dem deutschen Batteriegesetz, um Kurzschlüsse oder Ausgasungen zu vermeiden.

Die Einhaltung dieser einfachen Regeln ist der effektivste Weg, um die potenziellen Gefahren des Dampfens auf das technologisch bedingte Minimum zu reduzieren.

Die beste Option: Warum ein Leben ohne Rauch und Dampf das ultimative Ziel bleiben sollte

Bei aller Diskussion über Risikoreduktion und Schadensminderung darf ein Punkt niemals in den Hintergrund treten: Die mit Abstand beste und gesündeste Option ist ein Leben gänzlich ohne Inhalation von Nikotin oder anderen Substanzen. Weder Rauchen noch Dampfen ist ein gesundheitsförderndes Verhalten. Das ultimative Ziel für jeden Raucher sollte der vollständige Ausstieg sein, und für jeden Nichtraucher gilt: Fang gar nicht erst an. Der menschliche Körper ist nicht dafür gemacht, regelmäßig Aerosole zu inhalieren, die nicht aus reiner Luft bestehen.

Die E-Zigarette ist kein Wellness-Produkt oder ein Lifestyle-Accessoire. Sie ist ein Werkzeug zur Schadensminderung für eine ganz bestimmte Zielgruppe: erwachsene, abhängige Raucher, die den Ausstieg über konventionelle Wege (wie Nikotinpflaster oder Verhaltenstherapie) nicht schaffen oder diese ablehnen. Für diese Gruppe kann der Umstieg auf die E-Zigarette den Unterschied zwischen einem fortgesetzten, hochriskanten Verhalten und einem deutlich risikoärmeren Leben bedeuten. Sie ist das kleinere von zwei Übeln, nicht die Absolution.

Minimalistische Darstellung eines rauchfreien Lebens mit Fokus auf Gesundheit

Ein Leben frei von der Abhängigkeit, frei von der ständigen Sorge um die nächste Zigarette oder den nächsten Ladezustand des Akkus, ist ein unschätzbarer Gewinn an Lebensqualität, Freiheit und vor allem Gesundheit. Die E-Zigarette kann für viele ein wichtiger Zwischenschritt auf diesem Weg sein, eine Brücke weg vom brennenden Ufer des Tabaks. Aber das Ziel sollte immer das sichere Ufer der vollständigen Abstinenz sein. Jeder, der den Umstieg schafft, sollte daher auch den nächsten Schritt ins Auge fassen: die schrittweise Reduzierung des Nikotins und schließlich den kompletten Verzicht auch auf das Dampfen.

Die Anerkennung dieses übergeordneten Ziels ist entscheidend, um die Debatte nicht zu einer reinen Werbeveranstaltung für die E-Zigarette verkommen zu lassen, sondern sie als das zu sehen, was sie ist: ein pragmatisches Instrument der öffentlichen Gesundheit.

Was sagt die Wissenschaft wirklich? Ein Überblick über die wichtigsten Studien zur E-Zigarette

Die Behauptung, E-Zigaretten könnten beim Rauchstopp helfen, ist mehr als nur ein anekdotischer Bericht von Nutzern. Sie wird durch ein wachsendes Fundament an wissenschaftlicher Evidenz gestützt. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, sind systematische Übersichtsarbeiten am aussagekräftigsten, da sie die Ergebnisse vieler einzelner Studien zusammenfassen und bewerten. Hier ist insbesondere die Arbeit der Cochrane Collaboration hervorzuheben, die als Goldstandard in der evidenzbasierten Medizin gilt.

Die Cochrane-Analysen kommen seit Jahren zu einem konsistenten Ergebnis: E-Zigaretten mit Nikotin sind effektiver zur Raucherentwöhnung als klassische Nikotinersatztherapien (wie Pflaster oder Kaugummis) und auch effektiver als E-Zigaretten ohne Nikotin. Dies untermauert die Theorie, dass neben der Nikotinsättigung auch die Aufrechterhaltung der lieb gewonnenen Rituale (Hand-zu-Mund-Bewegung, Inhalation, sichtbarer „Rauch“) eine entscheidende Rolle für den Erfolg spielt. Die Evidenz wird zwar als moderat eingestuft, was bedeutet, dass weitere Forschung nötig ist, aber die Richtung ist klar.

Cochrane-Review zur E-Zigarette als Entwöhnungshilfe

Die umfassendste Analyse stammt von der Cochrane Collaboration, die Dutzende randomisierter Kontrollstudien zusammenfasst. Ihre Schlussfolgerung ist, dass es moderate Evidenz dafür gibt, dass E-Zigaretten mit Nikotin mehr Menschen helfen, mit dem Rauchen aufzuhören, als Nikotinersatztherapien. Konkret bedeutet das: Von 100 Rauchern, die versuchen mit einer Nikotin-E-Zigarette aufzuhören, schaffen es schätzungsweise 9 bis 14. Im Vergleich dazu schaffen es mit einer Nikotinersatztherapie nur 6 von 100. Diese Zahlen verdeutlichen das Potenzial als wirksames Instrument im Kampf gegen die Tabakepidemie.

Eine Studie, über die auch die Krankenkasse BARMER berichtet, stützt diese Ergebnisse mit konkreten Zahlen aus der Praxis. Demnach lag die Abstinenzquote bei Rauchern, die auf die E-Zigarette umstiegen, nach einem Jahr bei 18%, im Vergleich zu nur knapp 10% bei Nutzern von Nikotinpflastern. Diese Verdopplung der Erfolgsquote ist aus Sicht der öffentlichen Gesundheit hochrelevant und zeigt, dass die E-Zigarette eine Lücke im Angebot der Entwöhnungshilfen füllen kann.

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Forderung vieler Sucht- und Gesundheitsexperten, die E-Zigarette als pragmatischen Baustein in der Tabakprävention anzuerkennen.

Ist Passivdampf schädlich? Eine faktenbasierte Analyse im Vergleich zum Passivrauchen

Die Sorge um unbeteiligte Dritte ist ein zentraler Aspekt jeder Risikobewertung. Beim Tabakrauch ist die Schädlichkeit des Passivrauchens unbestritten und für unzählige Krankheits- und Todesfälle verantwortlich. Doch wie sieht es beim „Passivdampf“ aus? Auch hier gilt das Prinzip: Der Unterschied liegt in der Chemie. Da im E-Zigaretten-Aerosol die giftigsten Verbrennungsprodukte fehlen, ist auch die Belastung für die Umgebungsluft fundamental anders und deutlich geringer.

Studien zeigen, dass im Passivdampf zwar Nikotin, Feinstaubpartikel (aus PG/VG) und Spuren von Aromastoffen nachweisbar sind, jedoch in Konzentrationen, die um ein Vielfaches unter denen des Passivrauchens liegen. Insbesondere die Belastung durch krebserregende Substanzen ist drastisch reduziert. Dennoch bedeutet „weniger“ nicht „nichts“. Aus diesem Grund vertreten deutsche Gesundheitsbehörden wie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) eine vorsichtige Haltung. Sie argumentieren, dass insbesondere vulnerable Gruppen wie Kinder, Schwangere und Menschen mit vorbestehenden Atemwegs- oder Herzerkrankungen aus einem reinen Vorsorgeprinzip heraus nicht dem Passivdampf ausgesetzt werden sollten. In einer vielzitierten Stellungnahme fasst das DKFZ seine Position wie folgt zusammen:

Eine Gesundheitsgefährdung nicht konsumierender, im Raum anwesender Personen kann nicht ausgeschlossen werden

– Deutsches Krebsforschungszentrum, Stellungnahme zu Passivdampf

Die rechtliche Situation in Deutschland ist uneinheitlich und spiegelt diese Unsicherheit wider. Während einige Bundesländer wie Bayern oder das Saarland das Dampfen in der Gastronomie dem Rauchen gleichstellen und verbieten, ist es in anderen Ländern oft erlaubt. Unabhängig von der Gesetzeslage gebieten jedoch Rücksichtnahme und das Vorsorgeprinzip, in Anwesenheit von Kindern und anderen empfindlichen Personen auf das Dampfen in geschlossenen Räumen zu verzichten.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Passivdampf ist kein unbeschriebenes Blatt, aber seine Risiken sind nach aktuellem Kenntnisstand nicht mit denen des hochgiftigen Passivrauchens vergleichbar. Dennoch rechtfertigt das verbleibende Restrisiko einen rücksichtsvollen Umgang und den Schutz vulnerabler Gruppen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Kernrisiko des Rauchens ist die Verbrennung; durch deren Wegfall reduziert die E-Zigarette die Aufnahme der schädlichsten Giftstoffe massiv.
  • Die Wissenschaft bestätigt: E-Zigaretten sind eine signifikant wirksamere Ausstiegshilfe als klassische Nikotinersatzprodukte.
  • Die größten Gefahren lauern nicht im regulierten Produkt, sondern bei Schwarzmarktware und falscher Anwendung, insbesondere mit ölhaltigen Substanzen.

Schadensminderung im Fokus: Die Rolle der E-Zigarette für die öffentliche Gesundheit in Deutschland

Um die Rolle der E-Zigarette fair zu bewerten, muss man den Blick heben und das Gesamtbild der öffentlichen Gesundheit in Deutschland betrachten. Die Realität ist ernüchternd: Trotz jahrzehntelanger Aufklärung und Präventionskampagnen ist die Raucherquote hartnäckig hoch. Wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet, zeigt die hohe Raucherquote von 30,1%, dass klassische Ansätze allein nicht ausreichen, um alle Raucher zu erreichen. Jedes Jahr sterben in Deutschland über 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Angesichts dieser dramatischen Zahl gewinnt das Konzept der Schadensminderung (Harm Reduction) an Bedeutung.

Der Ansatz der Schadensminderung ist pragmatisch: Wenn man ein riskantes Verhalten nicht vollständig eliminieren kann, versucht man, seine schädlichsten Folgen zu minimieren. Statt einer „Quit or Die“-Haltung bietet man eine dritte Option an. Im Kontext des Rauchens bedeutet das, Rauchern, die nicht aufhören können oder wollen, eine deutlich weniger schädliche Alternative zur Nikotinaufnahme anzubieten. Hier positioniert sich die E-Zigarette. Sie ist kein Allheilmittel, aber ein potenziell lebensrettendes Instrument für Millionen von Menschen, die andernfalls weiterrauchen würden.

Führende Suchtmediziner in Deutschland fordern daher seit Längerem eine Neubewertung in der Präventionspolitik, die das Potenzial der E-Zigarette anerkennt, anstatt sie pauschal zu verteufeln. Prof. Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences, ein anerkannter Experte für Suchtforschung, bringt es auf den Punkt:

Das Public-Health-Potenzial der E-Zigarette kommt nur dann zur Geltung, wenn der Umstieg vom Rauchen auf das Dampfen gesetzlich gefördert wird. Mit dem Umstieg können Raucher die Schadstoffaufnahme um bis zu 95 Prozent senken.

– Prof. Heino Stöver, Frankfurt University

Die Einordnung der E-Zigarette in eine umfassende Public-Health-Strategie ist entscheidend, um ihre wahre Rolle im Kampf gegen das Rauchen zu verstehen.

Eine Politik, die die massiven Unterschiede zwischen Rauchen und Dampfen ignoriert, vergibt die Chance, Tausende von Leben zu retten. Die E-Zigarette ist somit nicht nur eine individuelle Entscheidung, sondern auch eine Frage der gesundheitspolitischen Vernunft.

Häufig gestellte Fragen zur E-Zigarette

Darf in Deutschland in Innenräumen gedampft werden?

Die Regelung ist Ländersache. In Bayern wird Dampfen dem Rauchen gleichgestellt und ist in öffentlichen Räumen verboten, andere Bundesländer haben unterschiedliche Regelungen.

Welche Stoffe gelangen beim Passivdampf in die Raumluft?

Partikel, Nikotin und weitere Substanzen werden freigesetzt, allerdings in deutlich geringeren Mengen als beim Passivrauchen.

Sollten vulnerable Gruppen vor Passivdampf geschützt werden?

Ja, deutsche Behörden empfehlen aus dem Vorsorgeprinzip den Schutz von Kindern, Schwangeren und kranken Personen vor E-Zigaretten-Aerosolen.

Geschrieben von Lena Bauer, Lena Bauer ist eine auf Verbraucher- und Wettbewerbsrecht spezialisierte Rechtsanwältin aus München mit über 10 Jahren Kanzleierfahrung. Sie hat sich auf die komplexe Gesetzeslage rund um Tabakerzeugnisse und neuartige Produkte in Deutschland und der EU fokussiert.