
Der Verkauf von Vapes an Minderjährige ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verstoß gegen einen fundamentalen gesellschaftlichen Schutzauftrag mit existenziellen Risiken für Händler und Jugendliche.
- Händlern drohen Bußgelder bis zu 50.000 €, die ihre Existenz gefährden können.
- Ein lückenloses, zweistufiges Altersverifikationssystem ist online wie offline eine unumgängliche rechtliche und ethische Pflicht.
- Nikotin wirkt auf das jugendliche Gehirn wie ein neurobiologischer Brandbeschleuniger und schafft in kürzester Zeit eine schwere Abhängigkeit.
Empfehlung: Händler müssen ihre Prozesse sofort und lückenlos auf Konformität mit dem Jugendschutzgesetz prüfen. Eltern sollten das offene Gespräch suchen, bevor aus Neugier eine Abhängigkeit entsteht.
Bunte Verpackungen, süße Geschmacksrichtungen wie Zuckerwatte oder Mango-Eis und eine Omnipräsenz in den sozialen Medien: E-Zigaretten, insbesondere Einweg-Vapes, haben sich auf deutschen Schulhöfen etabliert. Für Kiosk- und Vape-Shop-Betreiber bedeutet dies eine tägliche Gratwanderung, für Eltern eine wachsende Sorge. Die üblichen Reaktionen beschränken sich oft auf den simplen Verweis auf das Gesetz oder pauschale Gesundheitswarnungen. Doch diese oberflächliche Betrachtung wird der Tragweite des Problems nicht gerecht.
Die Debatte um das Dampfen ist mehr als eine Frage legaler Verkaufspraktiken oder abstrakter Gesundheitsrisiken. Es geht um einen gesellschaftlichen Schutzauftrag, den wir alle – Händler, Eltern und Erwachsene – tragen. Die wahre Herausforderung liegt nicht darin, ein Gesetz zu kennen, sondern darin, die tiefgreifenden Gründe für seine Existenz zu verstehen und die eigene Verantwortung darin zu erkennen. Es geht um die verheerende Wirkung von Nikotin auf ein Gehirn, das sich noch in der Entwicklung befindet, um die psychologischen Mechanismen der Verführung und um die systemischen Lücken, die den Jugendschutz untergraben.
Dieser Artikel blickt daher hinter die Fassade des reinen Gesetzestextes. Er beleuchtet die drastischen Konsequenzen für Händler, die aus Unachtsamkeit handeln, erklärt die unumgänglichen technischen Sicherungsmaßnahmen und taucht tief in die neurobiologischen Gründe ein, warum der Satz „nur ein Zug“ für einen Teenager ein Mythos ist. Vor allem aber soll er als Appell dienen: Ein Appell an die Verantwortung jedes Einzelnen, die Gesundheit der nächsten Generation als oberste Priorität zu behandeln.
Um die verschiedenen Facetten dieser komplexen Thematik zu beleuchten, gliedert sich der folgende Beitrag in klar definierte Bereiche. Vom rechtlichen Rahmen über die präventiven Maßnahmen bis hin zur elterlichen Verantwortung wird jeder Aspekt detailliert analysiert.
Inhaltsverzeichnis: Die Verantwortung beim Jugendschutz für E-Zigaretten verstehen
- Einmal nicht aufgepasst, alles verloren: Die drastischen Strafen für Händler bei Verkauf an Minderjährige
- Ausweis bitte, auch online: Wie deutsche Vape-Shops sicherstellen, dass Sie volljährig sind
- Das jugendliche Gehirn im Visier: Warum Nikotin für Teenager so viel gefährlicher ist als für Erwachsene
- „Nur ein Zug“ gibt es nicht: Der Mythos vom harmlosen Probieren und der schnelle Weg in die Nikotinsucht
- Ihr Kind dampft? Wie Sie jetzt richtig reagieren, ohne in Panik zu verfallen
- Führt Dampfen zum Rauchen? Eine kritische Analyse der Gateway-Theorie bei Jugendlichen
- Warum Sie kaum noch Werbung für E-Zigaretten sehen: Die strengen Werbeverbote in Deutschland erklärt
- Schadensminderung im Fokus: Die Rolle der E-Zigarette für die öffentliche Gesundheit in Deutschland
Einmal nicht aufgepasst, alles verloren: Die drastischen Strafen für Händler bei Verkauf an Minderjährige
Die Abgabe von E-Zigaretten und E-Liquids an Kinder und Jugendliche ist in Deutschland gemäß § 10 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) strikt verboten. Diese Regelung ist kein bloßer Vorschlag, sondern eine zwingende Vorschrift, deren Missachtung drastische und potenziell existenzbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Wer als Händler – sei es im Ladengeschäft, im Kiosk oder online – gegen diese Bestimmung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit empfindlichen Bußgeldern geahndet wird. Die Höhe der Strafe ist dabei kein Pappenstiel. Laut Bußgeldkatalog können gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 12 JuSchG als Bußgeld bis zu 50.000 Euro verhängt werden. Ein Betrag, der für viele kleine und mittelständische Unternehmen das wirtschaftliche Aus bedeuten kann.
Die Behörden zeigen hier zunehmend null Toleranz, was durch Testkäufe der Ordnungsämter und konsequente Strafverfolgung untermauert wird. Ein Vape-Shop-Betreiber fasst die Lage so zusammen: „Die Angst vor Testkäufen durch das Ordnungsamt ist allgegenwärtig. Wir investieren viel Zeit und Geld in Mitarbeiterschulungen, denn ein einziger Fehler kann existenzbedrohend sein.“ Diese Aussage macht deutlich, dass der wirtschaftliche Druck enorm ist. Ein prominenter Fall, bei dem ein Online-Shop aufgrund eines Verkaufs an Minderjährige mit einer Strafe von 30.000 Euro belegt wurde, zeigt die Ernsthaftigkeit der Lage. Es geht nicht mehr um Ermessensspielräume, sondern um die konsequente Durchsetzung des Schutzauftrags.
Doch die Konsequenzen gehen über das Finanzielle hinaus. Wiederholte Verstöße können zum Entzug der Gewerbeerlaubnis führen. Der Reputationsschaden, als Geschäft bekannt zu sein, das zur Nikotinabhängigkeit von Jugendlichen beiträgt, ist kaum zu beziffern. Professor Christian Taube, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, bringt die gesellschaftliche Dimension auf den Punkt:
Es wird systematisch eine neue Generation von Abhängigen herangezogen und die Behörden scheinen an dieser Stelle keine Kontrolle mehr über den Jugendschutz zu haben.
– Professor Christian Taube, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Diese Worte sollten als Mahnung für jeden Händler dienen: Die Einhaltung des Jugendschutzes ist keine lästige Pflicht, sondern ein fundamentaler Beitrag zur öffentlichen Gesundheit und zur Sicherung der eigenen unternehmerischen Zukunft.
Ausweis bitte, auch online: Wie deutsche Vape-Shops sicherstellen, dass Sie volljährig sind
Die Verlockung ist groß: Ein paar Klicks, und die begehrte Vape ist auf dem Weg nach Hause. Doch der Gesetzgeber hat dem Online-Verkauf an Minderjährige klare Riegel vorgeschoben. Jeder seriöse Online-Händler in Deutschland ist gesetzlich verpflichtet, ein zweistufiges Altersverifikationsverfahren zu implementieren. Diese doppelte Absicherung soll gewährleisten, dass die Ware ausschließlich in die Hände von Erwachsenen gelangt. Die erste Stufe erfolgt direkt beim Kaufprozess auf der Webseite, während die zweite und entscheidende Prüfung bei der Übergabe des Pakets stattfindet. Dieser Prozess ist nicht optional, sondern eine zwingende Voraussetzung für den legalen Online-Handel mit E-Zigaretten.
Das zweistufige System ist darauf ausgelegt, einfache Tricks wie die Angabe eines falschen Geburtsdatums zu umgehen. Es kombiniert digitale Überprüfung mit physischer Kontrolle. Die visuelle Darstellung verdeutlicht, wie diese beiden Ebenen ineinandergreifen, um eine geschlossene Kette der Alterskontrolle zu schaffen.

Wie dieses Schema zeigt, ist der Prozess erst abgeschlossen, wenn der Zusteller die Volljährigkeit des Empfängers persönlich bestätigt hat. Für Händler bedeutet dies, nicht nur in die technische Umsetzung auf ihrer Webseite zu investieren, sondern auch einen Versanddienstleister zu wählen, der eine zuverlässige Alterssichtprüfung anbietet und durchführt. Jeder Schritt muss lückenlos dokumentiert werden, um im Falle einer behördlichen Prüfung die Einhaltung der Vorschriften nachweisen zu können.
Ihr Plan zur lückenlosen Altersverifikation
- Digitale Vorabprüfung: Implementieren Sie eine robuste Altersverifikation beim Online-Kauf, zum Beispiel mittels SCHUFA-Identitätscheck, Sofort-Ident oder ähnlichen validierten Diensten.
- Physische Endkontrolle: Beauftragen Sie zwingend einen Versanddienstleister (z.B. DHL mit Service „Alterssichtprüfung“), der bei der Paketübergabe das Alter des Empfängers überprüft und die Sendung bei Zweifeln oder Abwesenheit nicht aushändigt.
- Dokumentation und Speicherung: Stellen Sie sicher, dass die erfolgreiche Altersverifikation im Kundenkonto gespeichert und für zukünftige Bestellungen vermerkt wird, um den Prozess für wiederkehrende, verifizierte Kunden zu vereinfachen.
- Schulung im Ladengeschäft: Weisen Sie Ihre Mitarbeiter an, auch im stationären Handel bei jedem Zweifel konsequent eine Sichtprüfung eines gültigen Lichtbildausweises durchzuführen.
Das jugendliche Gehirn im Visier: Warum Nikotin für Teenager so viel gefährlicher ist als für Erwachsene
Die Diskussion um Jugendschutz reduziert sich oft auf rechtliche und soziale Aspekte. Doch die eigentliche Gefahr liegt tiefer – in der Neurobiologie. Das Gehirn eines Teenagers ist keine kleinere Version des Erwachsenengehirns; es ist eine hochdynamische Baustelle. Insbesondere der präfrontale Kortex, zuständig für Impulskontrolle, Entscheidungsfindung und Risikobewertung, reift erst bis Mitte 20 vollständig aus. Nikotin greift genau in diesen empfindlichen Reifungsprozess ein. Es kapert das Belohnungssystem und führt zu einer regelrechten neuronalen Umprogrammierung. Die Folge: Eine Abhängigkeit entwickelt sich bei Jugendlichen ungleich schneller und ist deutlich schwerer zu überwinden als bei Erwachsenen.
Die Gefahr wird potenziert durch neue, auf dem Schwarzmarkt kursierende Produkte. In einigen illegalen Vapes werden nicht nur Nikotin, sondern auch synthetische Drogen gefunden. So warnen Experten, dass die Wirkung mancher beigemischter Substanzen wie synthetischer Cannabinoide bis zu 300-mal stärker ist als die von pflanzlichem Cannabis. Diese Stoffe sind unberechenbar und können zu schweren psychischen und physischen Zusammenbrüchen führen. Sie machen aus einer vermeintlich „harmlosen“ E-Zigarette eine unkalkulierbare chemische Waffe.
Diese extreme Gefährdungslage unterstreicht die Dringlichkeit eines lückenlosen Jugendschutzes. Es geht nicht nur darum, eine schlechte Angewohnheit zu verhindern, sondern darum, potenziell lebensbedrohliche Vergiftungen und irreversible Schäden am Gehirn abzuwenden. Volker Auwärter, Toxikologe der Universität Freiburg, findet dazu drastische, aber notwendige Worte:
Mit Cannabis kann man sich nur schwerlich umbringen. Mit Vapes geht das.
– Volker Auwärter, Toxikologe der Universität Freiburg
Diese Aussage verdeutlicht den Paradigmenwechsel in der Risikobewertung. Der Schutz Jugendlicher vor Vapes ist nicht mehr nur eine präventive Maßnahme, sondern eine akute Gefahrenabwehr. Jeder Erwachsene, der den Zugang zu diesen Produkten ermöglicht oder verharmlost, macht sich mitschuldig an dieser Bedrohung für die Gesundheit einer ganzen Generation.
„Nur ein Zug“ gibt es nicht: Der Mythos vom harmlosen Probieren und der schnelle Weg in die Nikotinsucht
Das Design ist kein Zufall. Knallbunt, schlank und oft kaum von einem Textmarker zu unterscheiden, zielen Einweg-Vapes mit ihrer Ästhetik direkt auf eine junge Zielgruppe ab. Gepaart mit Namen wie „Pink Lemonade“ oder „Gummy Bear“ entsteht das trügerische Bild eines harmlosen, süßen Genussmittels – eher eine Süßigkeit als ein hochgradig suchterzeugendes Produkt. Dieser Schein ist eine der größten Gefahren, denn er senkt die Hemmschwelle für den ersten, vermeintlich unverfänglichen Zug. Doch dieser erste Zug ist oft der Anfang einer schnell fortschreitenden Abhängigkeit.

Der Mythos des harmlosen Probierens zerbricht an der Realität der Inhaltsstoffe. Eine einzige dieser bunten Einweg-E-Zigaretten enthält oft eine extrem hohe Dosis Nikotin. Laut Analysen entspricht der Nikotingehalt einer einzigen Einweg-E-Zigarette dem von zwei bis drei Schachteln herkömmlicher Zigaretten. Diese massive Nikotin-Flut trifft auf ein Gehirn, das, wie bereits erwähnt, besonders anfällig für die Entwicklung einer Sucht ist. Der schnelle Kick führt zu einer raschen Toleranzentwicklung und dem Verlangen nach mehr. Der Weg vom „Ausprobieren“ zur täglichen Gewohnheit ist erschreckend kurz.
Forschungen zu populären Marken wie Elfbar und Lost Mary, die trotz Verkaufsverboten häufig auf deutschen Schulhöfen zu finden sind, zeigen zudem einen weiteren perfiden Mechanismus: Die in den Liquids enthaltenen Süßstoffe erhöhen die subjektive Zufriedenheit und das Genussempfinden beim Dampfen, selbst bei identischem Nikotingehalt. Dieser Faktor verstärkt das positive Feedback im Belohnungssystem des Gehirns und beschleunigt die Etablierung der Sucht. Die Süße maskiert nicht nur den herben Geschmack des Nikotins, sondern wirkt als zusätzlicher Katalysator für die Abhängigkeit. Der „eine Zug“ ist somit eine sorgfältig konstruierte Falle.
Ihr Kind dampft? Wie Sie jetzt richtig reagieren, ohne in Panik zu verfallen
Der Fund einer E-Zigarette im Zimmer des eigenen Kindes oder der Geruch von süßlichem Dampf löst bei den meisten Eltern zunächst Panik und Wut aus. Vorwürfe, Verbote und Strafen sind oft die erste Reaktion. Doch dieser konfrontative Weg führt selten zum Ziel. Er treibt Jugendliche eher in die Defensive, fördert Heimlichtuerei und zerstört die für ein offenes Gespräch notwendige Vertrauensbasis. Ein ruhiger, informierter und empathischer Ansatz ist weitaus erfolgversprechender, um die Gründe für den Konsum zu verstehen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Es geht darum, eine Brücke zu bauen, nicht darum, eine Mauer zu errichten.
Der Schlüssel liegt darin, Sorge statt Vorwurf zu kommunizieren. Ein Gespräch, das mit „Ich mache mir Sorgen um dich“ statt mit „Wie konntest du nur?“ beginnt, öffnet Türen. Es ist entscheidend, zunächst zu verstehen: Handelt es sich um einmaliges Experimentieren aus Neugier und Gruppenzwang, oder liegt bereits eine manifeste Abhängigkeit vor? Die Reaktion muss sich an dieser Einschätzung orientieren. Ein neugieriger Jugendlicher braucht Aufklärung über die Risiken, während ein bereits abhängiger Teenager professionelle Unterstützung benötigt. Panik ist in beiden Fällen ein schlechter Ratgeber.
Um Eltern eine konkrete Hilfestellung zu geben, haben sich folgende Schritte in der Praxis bewährt. Sie dienen als Leitfaden für ein konstruktives Gespräch und zeigen Wege für professionelle Hilfe auf:
- Warten Sie auf den richtigen Moment: Suchen Sie eine ruhige Situation ohne Ablenkungen oder Zeitdruck für ein Gespräch unter vier Augen.
- Beginnen Sie mit einer Ich-Botschaft: Starten Sie mit Sätzen wie: „Ich habe das hier gefunden und mache mir Sorgen, nicht Vorwürfe. Kannst du mir helfen zu verstehen, was dich am Dampfen reizt?“
- Unterscheiden Sie die Konsumform: Versuchen Sie herauszufinden, ob es sich um einmaliges Probieren oder regelmäßigen Konsum handelt. Fragen Sie nach dem Warum, ohne zu urteilen.
- Bieten Sie professionelle Hilfe an: Informieren Sie sich gemeinsam über die Gefahren. Bei Anzeichen einer Sucht, kontaktieren Sie Beratungsstellen. Die BZgA Online-Beratung unter rauch-frei.info bietet anonyme und kostenfreie Unterstützung.
- Nutzen Sie externe Beratungsangebote: Auch für Eltern kann die Situation belastend sein. Die „Nummer gegen Kummer“ (116 111 für Kinder/Jugendliche, 0800 – 111 0 550 für Eltern) bietet professionelle und anonyme Beratung.
Ihre Rolle als Eltern ist die eines verständnisvollen Begleiters, nicht die eines Anklägers. Ihr Ziel ist es, die Gesundheit Ihres Kindes langfristig zu schützen, und das gelingt am besten auf einer Basis von Vertrauen und gemeinsamer Problemlösung.
Führt Dampfen zum Rauchen? Eine kritische Analyse der Gateway-Theorie bei Jugendlichen
Eine der zentralen Sorgen im Kontext des jugendlichen E-Zigarettenkonsums ist die sogenannte Gateway-Theorie. Sie postuliert, dass das Dampfen als Einstiegsdroge für das Rauchen von herkömmlichen Tabakzigaretten fungieren kann. Die Argumentation dahinter ist mehrschichtig: Zum einen normalisiert das Dampfen den Akt des Inhalierens und baut motorische Gewohnheiten auf. Zum anderen führt die Nikotinabhängigkeit, die durch Vapes etabliert wird, dazu, dass Jugendliche bei Nichtverfügbarkeit von E-Zigaretten leichter zur schnell erhältlichen Tabakzigarette greifen. Die Schwelle zum Rauchen sinkt also psychologisch und physiologisch.
Obwohl ein direkter kausaler Zusammenhang schwer nachzuweisen ist, zeigen aktuelle Daten aus Deutschland besorgniserregende Korrelationen. Die DEBRA-Studie, eine Langzeituntersuchung der Universitätsklinik Düsseldorf, liefert hierzu alarmierende Zahlen. Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) kommentiert die Ergebnisse so, dass die Zahlen erstmals für Deutschland belegen, dass insbesondere Einweg-E-Zigaretten unter jungen Menschen extrem beliebt sind. Dieser massive Anstieg des Dampfens in der jüngsten Alterskohorte schafft ein riesiges Reservoir an nikotinabhängigen Jugendlichen, die potenziell zur nächsten Generation von Rauchern werden könnten.
Die Kritik an der Gateway-Theorie argumentiert oft, dass Jugendliche, die zum Dampfen neigen, ohnehin eine höhere Risikobereitschaft hätten und eventuell auch ohne Vapes mit dem Rauchen begonnen hätten. Dennoch lässt sich der massive Marketingdruck und die Verharmlosung durch süße Geschmäcker nicht ignorieren. Diese Faktoren ziehen auch Jugendliche an, die von der abschreckenden Wirkung klassischer Zigaretten (Geruch, Geschmack, Gesundheitswarnungen) bisher abgehalten wurden. Das Dampfen schafft somit einen neuen, scheinbar sanfteren Einstieg in die Welt des Nikotins. Unabhängig davon, ob es ein direkter „Gateway“ ist oder nicht, steht fest: Der Anstieg des E-Zigarettenkonsums unter Jugendlichen ist ein eigenständiges Public-Health-Problem von erheblichem Ausmaß, das die jahrzehntelangen Erfolge in der Tabakprävention zu untergraben droht.
Warum Sie kaum noch Werbung für E-Zigaretten sehen: Die strengen Werbeverbote in Deutschland erklärt
Noch vor wenigen Jahren waren Plakate für E-Zigaretten im Stadtbild und Werbespots im Kino keine Seltenheit. Diese Zeiten sind vorbei. Deutschland hat in den letzten Jahren die Werbebeschränkungen für Tabakprodukte und verwandte Erzeugnisse schrittweise und konsequent verschärft. Das Ziel dieser Maßnahmen ist klar: Insbesondere Jugendliche sollen vor den verführenden Botschaften der Industrie geschützt und der Anreiz, mit dem Dampfen zu beginnen, minimiert werden. Die Werbeverbote sind ein zentraler Pfeiler der nationalen Präventionsstrategie.
Die Verschärfungen erfolgten in mehreren Stufen und umfassen inzwischen fast alle klassischen Werbekanäle. Während Werbung in Fernsehen, Radio und Printmedien schon länger untersagt war, wurden die Regelungen zuletzt auf weitere Bereiche ausgedehnt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Chronologie der wichtigsten Verbote für E-Zigaretten, wie sie sich aus dem Tabakerzeugnisgesetz ergeben. Diese Übersicht macht deutlich, wie der Gesetzgeber den öffentlichen Raum zunehmend von derartigen Werbebotschaften befreit hat, wie eine Zusammenfassung der Jugendschutzmaßnahmen zeigt.
| Zeitpunkt | Verbot | Betroffene Medien |
|---|---|---|
| Vor 2021 | Teilverbot | TV, Radio, Print |
| 1. Januar 2021 | Verschärfung | Außenwerbung (Plakate), Kinowerbung (bei Jugendfreigabe) |
| Aktuell erlaubt | Eingeschränkt | Point of Sale (in Vape-Shops), Social Media (Grauzone) |
Trotz dieser weitreichenden Verbote gibt es weiterhin Schlupflöcher. Die Werbung direkt am Verkaufsort, also im Fachhandel, bleibt erlaubt. Die größte Herausforderung stellt jedoch die Werbung in den sozialen Medien dar. Influencer-Marketing und virale Trends auf Plattformen wie TikTok oder Instagram unterlaufen die klassischen Werbeverbote und erreichen eine junge Zielgruppe direkt und ungefiltert. Ute Mons vom DKFZ stellt treffend fest: „Das Jugendschutzgesetz wird offensichtlich regelmäßig unterlaufen“. Dieser Befund unterstreicht die Notwendigkeit, nicht nur Gesetze zu erlassen, sondern auch ihre Einhaltung in der digitalen Welt konsequent zu kontrollieren und durchzusetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Missachtung des Jugendschutzgesetzes beim Verkauf von Vapes kann mit Bußgeldern bis zu 50.000 € geahndet werden und ist existenzbedrohend.
- Ein lückenloses, zweistufiges Altersverifikationssystem ist für alle Händler, online wie offline, eine unumgängliche rechtliche und ethische Pflicht.
- Nikotin ist für das jugendliche Gehirn besonders schädlich und führt durch eine schnelle „neuronale Umprogrammierung“ zu einer raschen und starken Abhängigkeit.
Schadensminderung im Fokus: Die Rolle der E-Zigarette für die öffentliche Gesundheit in Deutschland
In der öffentlichen Gesundheitsdebatte wird die E-Zigarette oft als Werkzeug zur Schadensminderung (Harm Reduction) für erwachsene, langjährige Raucher diskutiert. Die Logik dahinter: Wenn ein Raucher den Umstieg auf das nachweislich weniger schädliche Dampfen schafft, ist dies ein gesundheitlicher Gewinn. Diese Perspektive ist legitim und wichtig, darf aber niemals den Jugendschutz aushebeln. Die große Herausforderung für die Politik besteht darin, eine Balance zu finden: den Zugang für umstiegswillige Erwachsene zu ermöglichen, ihn für Jugendliche aber gleichzeitig vollständig zu unterbinden.
Diese regulatorische Gratwanderung wird durch ein massives Problem erschwert: den Schwarzmarkt. Hohe Steuern auf E-Liquids und strenge Regulierungen haben in Deutschland einen florierenden illegalen Handel geschaffen. Eine von FTI Consulting durchgeführte Studie, die von HG Innovation (Markeninhaber von ELFBAR und LOST MARY) in Auftrag gegeben wurde, kommt zu einem dramatischen Ergebnis: Schätzungen zufolge entfallen 40 bis 60 Prozent des Gesamtabsatzes auf den Schwarzmarkt. Auf diesem unkontrollierten Markt gelten weder Jugendschutz noch Qualitätsstandards. Hier werden Produkte verkauft, deren Inhaltsstoffe unbekannt und potenziell hochgefährlich sind – genau jene Produkte, die oft bei Jugendlichen landen.
Die Studie „Der Schwarzmarkt für E-Zigaretten in Deutschland“ beziffert die durch diesen illegalen Handel verursachten Steuerausfälle allein für das Jahr 2024 auf bis zu 390 Millionen Euro. Dieses Geld fehlt dem Staat für Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen. Es entsteht ein Teufelskreis: Strenge Regulierung zur Eindämmung des legalen Marktes treibt Konsumenten in einen illegalen Markt, der den Jugendschutz komplett ignoriert und die Gesundheitsrisiken maximiert. Eine wirksame Strategie muss daher über reine Verbote hinausgehen und eine bessere Durchsetzung bestehender Gesetze sowie eine effektive Bekämpfung des Schwarzmarktes umfassen. Der Schutz der Jugend kann nur gelingen, wenn der legale, kontrollierte Markt gestärkt und der illegale ausgetrocknet wird.
Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen – ob Händler, Elternteil oder erwachsenes Vorbild –, diesen Schutzauftrag ernst zu nehmen. Der Fokus auf die öffentliche Gesundheit erfordert eine differenzierte Betrachtung, die erwachsene Raucher nicht aus den Augen verliert, aber dem Schutz von Kindern und Jugendlichen die absolute und unumstößliche Priorität einräumt.